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Segeln vor Warnemünde

Eine Betrachtung von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der 20er Jahre

Seglerherzen schlagen höher - das Segelrevier vor Warnemünde ist einmalig. Das gab denn auch den Ausschlag für die Olympiabewerbung. Leider haben wir gemeinsam mit Leipzig den Zuschlag nicht erhalten. Das stimmt uns zwar traurig, dennoch werden in Warnemünde zukünftig zahlreiche anspruchsvolle internationale Segelveranstaltungen gesegelt. Dass das Revier vor Warnemünde höchsten Ansprüchen genügt, haben nicht nur wir erkannt. Segelsport wird vor Warnemünde schon seit mehr als 150 Jahren betrieben.

Im Reigen des Segelsports an der deutschen Ostseeküste war Warnemünde sicherlich ein Spätzünder, andere Küstenstädte hatten schon Segelvereine, da wurde hier noch gar nicht an den Segelsport gedacht. Aber das hängt wohl mehr mit der Entwicklung Warnemündes selbst zusammen.

Der Ort, jahrhundertlang durch Rostock unterdrückt, erhielt ab Mitte des 19. Jahrhunderts, konkret mit Aufhebung der mittelalterlichen Gewerbebeschränkungen, einen wesentlichen Aufschwung. Wie in anderen Orten an der Küste auch, entwickelte und etablierte sich das Kur- und Badewesen, denn zunehmend mehr Gäste kamen nach Warnemünde. Unterhaltung für die Badegäste war angesagt. Dazu gehörten nicht nur Tennis, sondern auch Wettfahrten mit Warnemünder Jollen bzw. Fischerbooten, an denen die Badegäste selbst teilnehmen konnten. In der Illustrierten Zeitung des Jahres 1854 können wir Folgendes lesen: „Bei lauem Wetter belebt sich der Strom und das Meer des Abends durch Boote, welche mit bunten Laternen illuminiert sind und unter Musik und Gesang auf- und niederschaukeln. Nach den Stromfahrten dann kleine Bälle und große, wie man will, oder Concerte, oder Schauspiele, oder gesellschaftliche Spiele. Am nächsten Tage findet dann wieder ein Vogelschießen statt, oder eine große Fischerei, oder eine Wettfahrt der Warnemünder Boote nach einem bestimmten Ziele und um einen ausgesetzten Preis.“

Der Mecklenburger Yacht-Club (MYC) wurde am 24. November 1884 in Rostock u.a. durch solche Persönlichkeiten, wie Kaufmann Josephi, Schiffbaumeister Ludewig sowie Buchdruckereibesitzer Boldt gegründet. Es wurden Regatten ausgerichtet, an denen auch Warnemünder teilnahmen. So gewann Stephan Jantzen im August 1885 mit dem Kielboot „Marie“ die erste Regatta und erhielt als Preis ein Trinkhorn. Auch im darauffolgenden Jahr gewann er die Wettfahrt.

Jollen-Regatta

Jollen-Regatta
(Archiv Autor)

Damit wurde das Revier bekannt und es verwundert nicht, wenn als herausragendes Ereignis 1898 (in den Quellen gibt es unterschiedliche Jahresangaben) die erste offene deutsche Segelregatta vor Warnemünde ausgetragen wurde. Zwar sollte noch ein viertel Jahrhundert  bis zur Gründung des Warnemünder Segel-Clubs vergehen, doch vor Warnemünde wurde eifrig um Preise gesegelt.So fanden u. a. 1903 und 1904 in Warnemünde Segelregatten statt. Die Rostocker Zeitung schrieb am 05. Juli 1904 dazu:

Schaulustige auf der Mole

Zahlreiche Schaulustige verfolgten die Regatten
von der Mole aus
(Archiv Autor)

Rostocker Zeitung

Anzeige in der Rostocker Zeitung 1904

"Und am Strom, am Strande, auf der Promenade, auf der Mole entwickelt sich das Bild festlichen Verkehrs, zeitweilig überstrahlt von lachendem Sonnenschein! Denn die Wetterlaune fährt mit böigem Wind und Regenschauern hin und wieder störend dazwischen. Die frische westliche Brise kam heute aber andererseits den Seglern trefflich zu statten. Das Handikap Travemünde - Warnemünde, das sich heute vor Warnemünde entscheidet, stand unter dem günstigen Einfluß des westlichen Windes..."

Am 05. Juli 1904 gingen um 09.00 Uhr etwa 40 Yachten in Travemünde an den Start. Dabei waren u. a. die Schonerkreuzer: Meteor, Iduna, Ingomar, Hamburg...; die Rennyachten: Orion, Alice, Olly, Swan...; usw.
Die Bahn ging von Travemünde bis zwischen die Molenköpfe in Warnemünde.
Besonderer Höhepunkt der Wettfahrten von 1903 und 1904 war, daß der deutsche Kaiser, dessen Segelyacht "Meteor" am Handikap teilnahm, selbst die Wettfahrt begleitete.
Anschließend wurde am 06. Juli eine Seeregatta vor Warnemünde ausgetragen. Insgesamt wurden an diesem Tag 6 Starts in 13 Klassen mit 40 teilnehmenden Yachten durchgeführt.

Erwähnt werden soll auch das Regattapräsidium, dem folgende Persönlichkeiten angehörten: Bürgermeister Dr. Maßmann, W. Josephi, Senator Dr. Becker, Senator Oesau und Baumeister Burchard. Als Starter fungierten Andreas Schmidt, als Zielrichter H. Gottschalk. Das Amt des Schiedsrichters hatten Konteradmiral Hornung, Kapitän zur See von Bassewitz, D'Swald-Hamburg und F. Steenbock inne.

Nach Siegerehrungen und zahlreichen Feierlichkeiten in Warnemünde, wurde die Seeregatta mit einem Handikap Warnemünde-Swinemünde fortgesetzt.

Der bekannte Marinemaler Willy Stöwer, der zur Begleitung des Kaisers gehörte, schrieb in seinem Buch "Der Deutsche Segelsport" folgendes zu dieser Regatta:
"Auch die Warnemünder Regatta verdankt in erster Reihe der sportlichen Unternehmungslust des Norddeutschen Regattavereins das Dasein, denn er veranstaltete sie im Jahre 1899 zum ersten Male in Gemeinschaft mit dem in Rostock beheimateten Mecklenburgischen Yacht-Club. Warnemünde bietet ebenso wie Travemünde sehr gute Hafengelegenheiten und vorzügliche Eisenbahnverbindungen mit dem Hinterlande und das lebhafte Treiben eines starkbesuchten Badeortes, der namentlich vielen Berliner Familien als sommerlicher Ferienaufenthalt dient."

Bis zur Gründung des Warnemünder Segel-Clubs (WSC) am 24. Januar 1925, wurden in der Regel Regatten durch Rostocker Vereine vor Warnemünde ausgetragen. Die folgende Übersicht soll die Regattatätigkeit vor Warnemünde zu Beginn der 20er Jahre veranschaulichen.

Bei jeweils 3 Veranstaltungen pro Jahr gab es folgende Teilnehmer:

 

1920

1921

1922

1923

1924

1925

Klassenboote

Ausgleichsboote

gesamt

Teilnehmeryachten

--

50

51

71

71

16

62

78

Link zum WSC

Mit Gründung des WSC nahm der Segelsport in Warnemünde einen wesentlichen Aufschwung. Bereits ein Jahr nach Gründung des WSC fanden u. a. Verbands- und Ausgleichswettfahrten statt, die gemeinsam vom Rostocker Yacht-Club, Großherzoglich Mecklenburgischen Yacht-Club, Kaiserlichen Yacht-Club, Warnemünder Segel-Club und Akademischen Seglerverein zu Rostock veranstaltet wurden.

Der WSC war verantwortlich für die Dreiecksbahn vor Warnemünde am 11. Juli 1926 und für die am 14. Juli durchgeführte Mecklenburgische Bäderwettfahrt Warnemünde, Heiligendamm, Brunshaupten, Arendsee und zurück. Gemeldet für diese Regatten hatten auch folgende Yachten des WSC:

Yacht

Eigner

Trotzkopf

Frielinghaus

Böig

Henning

Elfe

Lerch

Strolch

Weber

Holdiran

Schröder

Onkel Max

Dreyer

Muschen

Böckenhauer

Ilse Gret

Stahlbohm

Biene

WSC

Diese Regatta geht als erste Warnemünder Woche in die Geschichte ein.

Die Warnemünder Woche wurde von nun an regelmäßig veranstaltet und erfreute sich wachsender Beliebtheit nicht nur bei den Seglern selbst, sondern auch bei Badegästen und Einheimischen. Die Warnemünder Woche war nicht mehr wegzudenken aus dem Veranstaltungsreigen in jeder Badesaison, sie stellte den sportlichen Höhepunkt dar.

Die Regatten vor Warnemünde wurden immer zahlreicher und mit Ausblick auf die Warnemünder Woche 1927 wurde am 29. April 1927 im "Rostocker Hof" der Rostocker Regattaverein gegründet. Der WSC war Gründungsmitglied und der damalige Vorsitzende, Amtmann Schröder, kritisierte, dass die Anlege- und Hafenverhältnisse in Warnemünde mangelhaft seien und er klagte über Schwierigkeiten, mit denen der WSC zu kämpfen hätte, um Änderungen herbeizuführen. "Leider stehen die meisten Behörden", sagte er, "dem Wassersport immer noch verständnislos und ablehnend gegenüber. Hier könnte der Regattaverein mit seinen guten Beziehungen zu allen maßgebenden Kreisen viel mehr erreichen, als ein junger, an Mitgliederzahl kleiner Verein."

Am 16. Mai 1927 wurde die Jugendabteilung des WSC vom Deutschen Segler-Verband anerkannt.

Regatta auf der Warnow

Regatta auf der Warnow

Jugendabteilung

Die Jugendabteilung des WSC

An wichtigen Regatten wurden 1927 in Warnemünde gesegelt:

  • Seewettfahrt Travemünde-Warnemünde am 08. Juli 1927
  • Warnemünder Woche 09. bis 13. Juli 1927
  • Ausgleich-Seewettfahrt um den Ostseepreis 1927, Warnemünde-Insel-Seeland-Kiel am 14. Juli 1927

Während der Warnemünder Woche 1927 zeichnete der WSC wiederum verantwortlich für eine Seewettfahrt vor Warnemünde und für die Bäderregatta.

"Die Warnemünder Woche ist zu Ende.", teilt die "Yacht" 1927 mit, "Es war ein voller Erfolg in jeder Beziehung. Die glänzend verlaufenen Wettfahrten, die guten Unterbringungsmöglichkeiten im Hafen..., und nicht zuletzt der Fortfall der Hafengebühren für die an den Wettfahrten teilnehmenden Fahrzeuge, alles diese sind Annehmlichkeiten, die hoffen lassen, dass die Warnemünder Woche zu neuem Glanz ersteht und die Beteiligung im nächsten Jahr eine noch größere sein wird."

Besonders die Warnemünder Woche 1929 war eine Veranstaltung der Superlative, nicht nur als Segelveranstaltung, sondern auch für das Vereinsleben im WSC. Die Yacht 30/1929 schrieb dazu: „Der Auftakt der Warnemünder Woche 1929 war recht vielversprechend. Denkbar günstiges Wetter. Leichte Vollzeugbrise aus WNW mit durchschnittlich 3 m Windgeschwindigkeit, also Spinnakerfahrt, und zwar 42 sm hindurch. Und will man mehr? Eine köstliche Seefahrt nach den kalten nassen Travemünder Tagen. 8 bis 10 Stunden „platt vor dem Wind“ bei Damenbrise, Sonnenschein, kaum bewegter See und günstigem Küstenstrom... Gegen ¾ 6 Uhr lagen alle Yachten im Hafen. Für die Unterbringung war mustergültig gesorgt. Jeder Liegeplatz war mit Plakaten bezeichnet. Dankbar begrüßte man die neuen Anlegemöglichkeiten...“

Der 8. Juli 1929, es war ein Montag, war nicht nur für die Teilnehmer der Warnemünder Woche ein Höhepunkt, sondern ganz besonders für die Warnemünder Segler. Dieser erste Tag war regattafrei und es wurde besonders den Teilnehmern der Zubringerwettfahrt Travemünde-Warnemünde Zeit und Gelegenheit geboten, sich zu erholen und die Warnemünder und Rostocker Sportkameraden kennenzulernen. Es wurden Veranstaltungen durchgeführt, so auch ein Frühschoppen im Warnemünder Klubheim des Großherzoglichen Mecklenburger Yachtklubs, das am 8. Mai 1927 eingeweiht wurde. Es befand sich Am Strom 118. In der Yacht lesen wir dazu: „Seitdem dieses unmittelbar am Yachthafen (gemeint ist hier der Alte Strom) vor dem Liegeplatz der Yachten am Alten Strom liegende Klubheim besteht, hat die Warnemünder Woche ihre äußerst bequeme Zentrale erhalten. Hier ist der Brennpunkt der Ereignisse. In den hinteren Räumen befindet sich das Wettfahrtbüro, das Telephonanbindung mit den Startern auf dem äußersten Brückenkopf der Westmole hat. Der Aufenthalt in der Glasveranda und auf dem erhöhten Vorplatz, zu dessen Füßen die Strompromenade vorbeiführt, auf deren anderer Seite die Yachten liegen, gehört mit zu dem Reizvollsten, was die Warnemünder Woche bietet. Kein Wunder, daß die alten Besucher der Woche treu bleiben und immer neue Freunde mitbringen.“

Aber dieser 8. Juli 1929 gehört auch zweifellos zu den Tagen, die Vereinsgeschichte des Warnemünder Segel-Clubs geschrieben haben. An genau diesem Tag wurde das Klubhaus  des WSC auf der Mittelmole eingeweiht. „Gegen 6 Uhr abends versammelten sich die Gäste auf dem Grundstück des Warnemünder Segel-Clubs, welches jenseits des Stromes auf der sicht dort verbreiternden Mittelmole liegt. Alle Yachten hatten über die Toppen geflaggt. Ein entzückendes Bild, dahinter im grün versteckt das im Blockhausstil errichtete, soeben fertiggewordene Klubhaus des erst seit drei Jahren bestehenden Vereins. Das stattliche Häuschen ist ein Zweckmäßigkeitsbau, der sich aber in harmonischer Weise dem Landschaftsbild einfügt. Ein geräumiger Gesellschaftsraum mit großen Spiegelscheiben nach dem Alten Strom hin nimmt den größten Teil des einstöckigen Gebäudes in Anspruch. Rückseitig schließen sich das geschmackvoll gehaltene Vorstandszimmer und die Wirtschaftsräume an. Die Feier war recht eindrucksvoll. Die Festrede des Vorsitzenden, Amtmann Schröder, klang aus mit dem Hausspruch, verfaßt von Karl Meitner-Heckert:

Steh’, Bootshaus steh’!
Markenzeichen zwischen Warnow und See!
Sei dem frei-frohen Segelsport,
Herberg’, Zuflucht und Sammelort!
Dem Freundeskreis offen steht Tür und Tor.
Für Friedensstörer: den Riegel vor!
Gott möge Schutz gedeihen lassen
Dem Bau, den Gästen, den heimischen Sassen
Zu Ehre und Ruhm des W.S.C
Steh’, Bootshaus steh’!

Clubhaus des WSC

Das Clubhaus des WSC

Ein vorzügliches Plusterschinken-Essen und ein Tanzkränzchen hielten die Teilnehmer noch viele Stunden beisammen, so die einschlägige Literatur.

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